Apokalypse

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Apokalypse (griechisch: ἀποκάλυψις, „Enthüllung“, wörtlich: „Entschleierung“ vom griechischen κάλυψις= „verschleiern“, im Christentum übersetzt als „Offenbarung“) ist ein (gedachter) Moment, in dem das Kommen Gottes dem Lauf der Welt ein Ende setzt.

In apokalyptischen Texten spielen Topoi des Jüngsten Gerichts (Gottesgericht), des Weltuntergangs, des Reiches Gottes, der Zeitenwende und der Enthüllung göttlichen Wissens eine Rolle.

Offenbarung des Johannes

Im Christentum wird der Begriff der Apokalypse weitgehend mit der in prophetisch-visionärer Sprache gehaltenen Offenbarung des Johannes assoziiert. Die Grundgedanken der apokalyptischen Theologie sind laut Wikipedia:

  • Es herrscht gegenüber der älteren Prophetie eine geschichtspessimistische Grundstimmung: Die ganze Menschheits- bzw. Weltgeschichte wird als Unheilsgeschichte gesehen, die einem schrecklichen Ende zutreibt.
  • An Gottes Herrsein in Bezug auf seine Vorsätze wird nicht gerüttelt: Gott selbst habe den plötzlichen, katastrophalen Abbruch der von ihm bis dahin geduldeten Weltgeschichte im Voraus festgelegt (Gedanke der Vorsehung Gottes – lateinisch Providentia Dei oder theologischer Determinismus).
  • Das endgültige, von Gott allein gesetzte Ende wird oft als Endkampf Gottes gegen den Satan und seinen dämonischen und menschlichen Anhang (vgl. Höllensturz) verstanden, der zur von Gott vorbestimmten Zeit beginnt (Mt 24 EU).
  • Dieser Endkampf zwischen „Gut“ und „Böse“, Licht und Finsternis kann die Gestalt eines apokalyptischen Dualismus annehmen. Im Zoroastrismus und später im Gnostizismus wird dieser Kampf schon in die Schöpfungsgeschichten vorverlagert, so dass im Grunde zwei Gottheiten miteinander kämpfen (vgl. Offb 12,7 EU). Bereits in 1 Mos 3,15 EU wird vorhergesagt, dass der Schlange (Symbol für Satan und seine Nachfolger) der Kopf zermalmt werden würde. Das „böse Prinzip” und der Schöpfergott treten in Konflikt miteinander. Erlösung und Rettung sind erkennbar durch die Auferstehung der Toten (Offb 11,18 EU; 20,5f.11 EU) und ein Überleben des Strafgerichtes Gottes durch jene, die das Loskaufsopfer Jesu Christi durch Taufe angenommen haben (Offb 7,9.13-17 EU) sowie durch Errichten des Reiches Gottes auch auf Erden (Offb 12,10 EU; Vater Unser).
  • In der biblisch-jüdischen Apokalyptik wird an der Einheit der an sich guten Schöpfung festgehalten: Die Welt wird gemäß dem Willen Gottes von Grund auf verwandelt. Das Endgericht steht zu Beginn der Herrschaft Gottes und beendet die Herrschaft widergöttlicher Mächte, die Gott bis dahin geduldet hatte.
  • Die Verwandlung der Welt ist allein Gottes Werk. Nur er kann die endgültige Gerechtigkeit bringen und weltweit durchsetzen. Sein Sieg steht seit undenklichen Zeiten her fest.
  • Mit diesen Grundgedanken sind eine Reihe von Motiven und Bildern verbunden: Dazu gehören die Cherubim bei Ezechiel, der Menschenähnliche im Buch Daniel oder die vier Apokalyptischen Reiter, die sich auf höheren Befehl hin auf den Weg machen. Diese sind Symbole für den siegreichen Messias, den Krieg, Hungersnöte, Seuchen, denen der Tod unmittelbar folgt. In Offb 21 EU kommt das Neue Jerusalem als Bild der erneuerten Schöpfung und des Friedens zwischen Gott und den Menschen vom Himmel auf die Erde.

Messianische und eschatologische (apokalyptische) Zeit

Aus der Agamben-Lektüre Wolfgang Ratzels:

  • Die Botschaft der Offenbarung, die sich auf die jüdische Prophetie und Apokalyptik und deren Bildersprache bezieht, lautet: Das, was im alten Äon die Propheten vorausgesagt haben, hat sich in der ersten Parusie Christi schon ereignet und wird sich in der nahen Wiederkehr des Messias Jesus vollenden.
  • Im Neuen Testament bezieht sich die messianische Zeit auf die Zwischenzeit zwischen der ersten und zweiten Ankunft des Messias Jesus (= Parusie). Es ist die Zeit des Endes; die operative Zeit, die die Zeit braucht, um zu Ende zu gehen; es ist die Zeit, die zu enden beginnt; es ist die Zeit, die uns bleibt (Agamben, 75ff.); es ist der Rest zwischen „dieser Zeit“ und der „Zeit, die kommt“ (Agamben, 76). Nunmehr gilt: „Zeit heißt Frist“ (Jacob Taubes).
  • Agamben beschreibt diese Zeit als ein paradoxes Spannungsverhältnis zwischen der Rettung, die am Tag der Auferstehung Christi schon geschehen ist, aber nicht ganz! – und dem Tag des Zorns, an dem die Rettung ganz geschehen wird – „also zwischen einem schon und einem noch nicht.“ (Agamben, 83) Aber in einer kurzen Zeit wird die Rettung ganz sein!
  • Die Auferstehung Christi wird zur rettenden Vorwegnahme der endzeitlichen Rettung. Jede Existenz in dieser Zwischenzeit kann nur ein „Leben im Aufschub“ (Scholem) sein, in der sich das Gespannte niemals wahrhaft entladen kann (zit. in: Agamben, 83) Der Apostel Paulus nennt diese Zeit, die zu ihrer Vollendung drängt, die Jetztzeit. Der Evangelist Lukas sagt: „Das Reich Gottes gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis er ganz durchsäuert war.“ (Lukas 13,20f.) Franz Kafka drückt dasselbe so aus: „[Der Messias] wird erst nach seiner Ankunft kommen, er wird nicht am letzten Tag kommen, sondern am allerletzten.“ (zit. in Agamben, 85)
  • Die Übergangszeit zwischen dem alten Äon (als Zeit zwischen Schöpfung und Auferstehung des Messias) und dem neuen Äon (als ewige Zeit der Glückseligkeit und Fülle) gehört beiden Äonen an. Die alte Zeit geht zwar weiter, noch! – doch ist in Christus die neue Zeit schon anwesend, aber noch nicht vollendet. Gleichwohl tendiert jeder Übergang dazu, sich ins Unendliche zu erstrecken.
  • Die erste Ankunft des Messias Jesu schickt eine andere Zeit, die die alte Zeit (chronos) vollständig verwandelt. Ihre Ankunft in Christo drängt die Zeit zusammen - zu ihrem Ende hin, das unbestimmt bleibt, aber kommen wird, aber wann?. Sie ist eine Zeit des „hos me“, des “als-ob-nicht“:
  • „Die Zeit drängt. Darum sollen künftig auch die, die eine Frau haben, sie haben, als hätten sie sie nicht, die weinen, sollen weinen, als weinten sie nicht, die sich freuen, sollen sich freuen, als freuten sie sich nicht, die etwas kaufen, sollen kaufen, als behielten sie es nicht, und die sich die Dinge dieser Welt zunutze machen, sollen sie sich zunutze machen, als nutzen sie sie nicht. Denn die Gestalt dieser Welt vergeht.“ (1. Korinther 7,29-31)
  • Der Sabbat wird zum Modell der messianischen Zeit, weil er die Werke der Tage gleichzeitig vollendet und unterbricht.
  • Daneben gibt es die eschatologische Zeit: Sie ist die Zeit ta és-chata, d.h. der letzten Dinge, die Zeit des Endes. Sie bezeichnet das Ende der Zeit, die Vollendung der zu Ende gehenden Zeit; sie bezeichnet den letzten Tag, den dies irae, den letzten Augenblick, in dem die Zeit aufhört, sich zu zeitigen.
  • Die Apokalypse beschreibt die zu Ende gehende messianische Zeit, wie sie sich im Ende der Zeit im neuen ewigen Paradies vollendet. Ihr „Sitz im Leben“ ist der letzte Tag.

Apokalyptische Gewalt in der Neuen Welt

Im 16. Jahrhundert übertrugen sich millenaristische Vorstellungen auf den neu entdeckten Kontinent (Adriano Prosperi). Man denke an Vespuccis apokalyptische Abhandlung Mundus Novus (1502), an Bartolomé de las Casas' eschatologische Historia de las Indias und der Brief von Benavente Motolinia (1555), einem der auf Druck von Cortés ausgesandten 12 Franziskaner, an Kaiser Karl V., in dem er die gewaltsame Bekehrung heilsgeschichtlich rechtfertigt: "wie der Herr sagt, muss das heilige Evangelium im ganzen Universum gepredigt werden, bevor die Welt zum Abschluss kommt. Eurer Majestät steht es daher von Amts wegen an, dass Eile daran angelegt werde (...) und diejenigen, die das heilige Evangelium (...) nicht freiwillig hören wollen, sollen eben dazu gezwungen werden; denn hier ist jenes Sprichwort angebracht: 'lieber ein Gutes aus Zwang als ein Schlechtes aus Zustimmung'." All dies verwandelt laut Joachim Michael (2013: 36 f.) die beschriebenen "neüwen lantschafften" in ein apokalyptisches Reich: "Der vierte Kontinent ist nicht das Reich der Erlösten, aber er wird es sein und er wird dadurch die bisherige [Welt?] erlösen und ablösen."

Auf dieser ideologischen Grundlage kommt es 1521 zum mörderischen Fall des Aztekenreiches: "Das Jahrhundert nach der Conquista bedeutete für die indianische Bevölkerung in Zentralmexiko eine physische Vernichtung zu ca. 97%" (Michael 2013: 65). Bartolomé de las Casas bezeichnet die Gemetzel in seiner Anklageschrift Brevisima relación de la destrucción de las indias (verfasst 1542, gedruckt 1552, verboten 1659) als das, was sie sind.

  • Mexican Drug War

Literatur

Weblinks