Amnestiegesetz Brasilien

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  • Caravanas da Anistia – O Brasil pede perdão(2014). Vorwort: "Marcas da memória. Um projeto de memória e reparação coletiva para o Brasil"- Dort heißt es im zweiten Absatz: "A Anistia no Brasil significa, a contrário senso, memória." Wie die Kommission selbst anmerkt, ist diese Formulierung paradox, weil die Amnestie eigentlich Vergessen bedeutet: Der Staat verzeiht und vergisst die sog. politischen Verbrechen der Einen und die der Anderen. Das Gesetz stammt von der Regierung General Figueiredo 1979. Das Problem ist die Amnestierung der Miltärs u.a., die nicht belangt werden können. Deshalb geht es darum, die Amnestie aufzuheben, um die Verbrechen endlich zu ahnen und zu erinnern. Das geht aber nicht. Offensichtlich haben sich auch die PT-Regierungen damit abgefunden, dass an der Amnestie nicht zu rütteln ist, daher haben sie 2001 die Comissão da Anistia ins Leben gerufen, die den Spieß umdreht. Amnestie wird jetzt umgedeutet in: erinnern und um Verzeihung bitten. - In den Caravanas zieht die Comissão durchs Land und bittet im Namen des Staates ehemals Verfolgte offiziell um Verzeihung. Sie sucht Wiedergutmachtung - "reparação". Das ist wichtig und eine schöne Geste, aber es ist auch das Eingeständnis, dass die Militärs und ihre Helfer nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist ein Problem. Diese Wiedergutmachung bedauert das Unrecht - und dabei bleibt es. - Diese Kuriosität der "Lei da anistia" - Umkehrung der Bedeutung durch die Commissão - zeigt sich im Film "Eu me lembro" ganz deutlich: 'Lasst uns über alles reden, nur nicht über Verantwortung oder gar Strafverfolgung'.
  • Frage zur Bestrafung: inwiefern Gerechtigkeit auch Bestrafung meinen muss/sollte/könnte. Man könnte auch an restorative justice und transformative justice denken - eine Durcharbeitung und eine folgenreiche Darstellung/Zuweisung von Verantwortung ohne Bestrafung.
  • Frage zur Geschichte: War die Diktatur nur eine Unterbrechung auf dem historischen und unaufhaltsamen Marsch in die Ära des Lichts, wo Freiheit und Gerechtigkeit herrschen? Verschwinden die Militärs also langfristig in dem vielleicht langsamen aber unabwendbaren Prozess zum Guten, in dem sie lediglich einen Umweg darstellen? Müssen wir nur warten? Oder haben die Militärs im Gegensatz dazu den Lauf der Geschichte entschieden, indem sie eine neue Richtung der historischen Entwicklung durchsetzten, die das Land trotz einiger Korrekturen und Modifikationen seitdem beibehalten hat? Haben sie gesiegt, unabhängig davon, ob sie weiter die Regierung stellen oder nicht? Geht es gar nicht um sie? Oder ist jetzt der Moment, mit diesem Lauf zu brechen und die Chance wahrzunehmen, eine andere Richtung einzuschlagen? Oder gibt es diese Chance tatsächlich gar nicht? Was dann?