Allgemeine SS

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Die in defensiver Wortwahl von Hitler nach seiner Haftentlassung 1925 als allein ihm verpflichtete Schutzstaffel (SS) gegründete Schlägertruppe hießt später zur Unterscheidung von den SS-Sonderverbänden, die Konzentrationslager befehligten und im Krieg die Vernichtungspolitik organisierten, Allgemeine SS. Zunächst "deutete nichts darauf hin, dass die SS ein Jahrzehnt später als Hitlers 'mörderische Funktionselite' das Rückgrat der nationalsozialistischen Diktatur bilden und aus dem Normenstaat (Ernst Fraenkel) ein SS-Staat werden würde" (Niedhart 2013).

  • 1926 übergab Hitler der damals schon tausend Mitglieder zählenden SS die "Blutfahne" - eine an den Putschversuch von 1923 erinnernde Parteireliquie.
  • 1931 gebrauchte Hitler in einem Dankesbrief die Formel: "SS-Mann. Deine Ehre heißt Treue", die sich später in leicht abgewandelter Form auf den Gürtelschnallen der SS-Uniformen fand. Immer mehr erwies sich die SS als "disziplinierende Parteipolizei" (Hein 2012) gegenüber Auflehnungsversuchen der SA gegen die Parteizentrale.
  • Ende der 1930er Jahre hatte die Allgemeine SS ca. 200 000 Männer (= 90% der SS-Mitglieder): "Tagsüber gingen sie ihren Berufen nach und leisteten nur während ihrer Freizeit SS-Deinst, das heißt an zwei Abenden in der Woche und zwei Sonntagen im Monat. In dieser Zeit erheilten sie eine strenge körperliche und ideologische Ausbildung. Letztere diente der Verherrlichung der 'nordischen Rasse' und der Ausgrenzung insbesondere der Juden, aber auch anderer Gruppen aus der 'Volksgemeinschaft'" (Niedhart 2013).

Rekrutierung

Die heterogene Organisation war eine "Schnittstelle" zwischen der deutschen Gesellschaft und dem "Neuadel" des Schwarzen Ordens und umfasste "Arbeitslose, Hilfsarbeiter und kleinbürgerliche Handwerker ebenso wie Adelssöhne, hohe Beamte und Professoren" (Niedhart 2013).

Beitrittsmotivation war "das tief greifende Krisenerlebnis der nach 1891 geborenen Frontgeneration und der nach 1901 geborenen Kriegsjugend": "Letztere machte 1938 den Löwenanteil der Allgemeinen SS aus" (Niedhart 2013).

Nach Hein war die Hinwendung zur SS eine "Wahloption" und "keineswegs alternativlos": "Weiter mehr Männer traten in Sportvereine ein und nicht in Parteiarmeen" (Niedhart 2013).

Hans Chr. Riedelbauch (2013) beschreibt als Augen- und Ohrenzeuge, wie man 1943 in die Waffen-SS kommen konnte, "die zu jener Zeit quasi ein vierter Wehrmachtsteil war, eine Kampftruppe und keine Vereinigung von KZ-Wächtern": "Die Abiturklasse muss antreten, ein SS-Offizier hält kurzen Vortrag über die Ehre, der SS anzugehören, einer Truppe, die übrigens bei der Ausrüstung gegenüber dem Heer erkennbar bevorzugt wurde. Abschließend kommt die rein rhetorische Frage 'wer nicht der Waffen-SS angehören möchte, der soll jetzt vortreten'. - Die Volksdeutschen in den südöstlichen Ländern hatten nicht einmal diese 'Wahzl', sie wurden zur Waffen-SS zwangsrekrutiert. Ein Achtzehnjähriger aus Szabadka/Subotica kam als Funker in meine Einheit. Er erzählte, wie er - schon SS-Soldat - von seinem ziemlich hochgestellten Vater wieder'befreit' und stattdessen zum Heer eingezogen wurde."


Literatur

  • Hein, Bastian (2012) Elite für Volk und Führer? Die Allgemeine SS und ihre Mitglieder, 1925-1945. München: Oldenbourg.
  • Niedhart, Gottfried (2013) Himmlers Freizeitkrieger. Die "Allgemeine SS". FAZ 13.05.2013: 8 (Hein-Rezension).