Alexander Iljitsch Uljanow

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Alexander Iljitsch Uljanow

Alexander Iljitsch Uljanow (* 12. April 1866 in Nishegorod / † 20. Mai 1887 in Schlüsselburg) ist der Bruder von Lenin (Wladimir Iljitsch Uljanow). Er war russischer Revolutionär und gehörte der Terroristischen Fraktion der Narodnaja Wolja an. Er war maßgeblich an der Planung des Attentats auf den Zaren Alexander III. beteiligt.


Biographie

Herkunft und Jugend

Alexanders Vater Ilja Nikolajewitsch Uljanow (*31.Juli 1831/ † 24. Januar 1886), der als arbeitsamer, pflichtbewusster, geselliger und aufmerksamer Mensch beschrieben wird, stammte aus den Kleinbürgerkreisen Astrachans. Nach dem Studium arbeitete er als Gymnasiallehrers für Mathematik und Physik zunächst am Adelsinstitut in Pensa, dann in Nishegorod. IIja Uljanow war praktizierender orthodoxer Christ.


Die Eltern `Uljanow´ mit ihren Kindern (v.l.n.r.) stehend: Olga, Alexander, Anna/ sitzend: Maria, Dimitri ,Wladimir

Die Mutter Maria Alexandrowna Blank (*6. März 1835/ †25. Juli 1916) wird als zärtlich, fürsorglich und überaus sparsam beschrieben. Sie ist deutscher Abstammung und ihre Familie ist wohlhabend und kultiviert im Vergleich zu der des Vaters. Maria Blank wird als nicht fromme Frau beschrieben, die keine kirchliche Traditionen pflegte, dennoch mit ihrem Mann sowohl die orthodoxe als auch die deutsche Kirche besuchte.

Im Sommer 1863 heirateten Ilja Nikolajewitsch Uljanow und Maria Alexandrowna Blank.


Im September 1869 zog die Familie Nishegorod nach Simbirsk, da IIja Nikolajewitsch dort eine neue Stelle erhielt. Fünf Jahre darauf wurde er zum Direktor der Volksschule ernannt, wodurch er als Beamter des Staatsrates vom ehemaligen Kleinbürger zum Rang des erblichen Adels aufstieg, dennoch nicht gleichberechtigt in diesem aufgenommen werden konnte, was die Familie aber immerhin so wohlhabend machte, dass nach dem Tod des Vaters ihr Lebensstandard auch ohne zusätzliche Arbeit beibehalten werden konnte.


Alexander Iljitsch hatte sieben Geschwister, wovon zwei im Säuglingsalter verstarben, die übrigen:

  • Anna Uljanow (1864–1935)
  • Wladimir Uljanow (1870–1924) (nannte sich später Lenin)
  • Olga Uljanow (1871–1891)
  • Dmitri Uljanow (1874–1943)
  • Marija Uljanow (1878–1937)


Das Familienleben war glücklich und nahezu konfliktfrei. Sie hegten ein gemeinsames Interesse für Literatur und Musik.

Alexander Iljitsch‘s Charakterzüge sollen ganz denen seiner Mutter entsprochen haben, welcher geprägt war von „außerordentlicher Festigkeit und Ausgeglichenheit […] mit erstaunlicher Feinfühligkeit, Herzlichkeit und Gerechtigkeit.“ Und, „doch ein strengerer, konzentrierterer, männlicherer Charakter.“ (Trotzki 1937)


Schule und Studium

Zur Alexander Iljitsch Schulzeit herrschte in Russland ein bitteres Klima gegen jegliche Form einer intellektuellen Bildung. Der Besuch von Lesezirkeln, des Theaters oder das Lesen von liberalen Zeitschriften wurden u.a. als schwere Süden angesehen. „Der Haß gegen das Gymnasium wurde zu einer Art Nationaltradition“ (Trotzki 1937). Diese „Rohheit und Grausamkeit des Schulregimes“ war für Alexander Iljitsch schwerer zu ertragen, als für viele seiner Mitschüler. „Das Gymnasium war für ihn nur die Brücke zur Universität, und er schritt ohne Freude, doch mit Glanz über diese Brücke“ (Trotzki 1937).

Während seines sechsten Schuljahres im März 1881 wurde der Zar Alexander II. durch Revoluzzer ermordet. Seinen Vater Ilja Nikolajewitsch sprach aus Beunruhigung zu seiner Familie und wandte sich gegen die Terroristen.

Im Sommer 1882 entdeckte der Erkenntnishungrige Alexander seine Leidenschaft für die Chemie. Seine Familie sah ihn, wenn überhaupt nur zu den Mahlzeiten, in den restlichen Zeit studierte er in seinem eigens errichteten Labor. Mit der Liebe zu den Naturwissenschaften wurde die Bindung zu seiner Schwester Anna schwächer und erlosch mit Beginn seines Studiums gänzlich.

Im Jahr 1883 absolvierte Alexander erfolgreich das Gymnasium mit der goldenen Medaille, als Klassenerster; zwei Jahre früher als seinen Altersgenossen.

Im gleichen Jahr nahm Alexander Iljitsch sein Studium der Biologie an der Universität Sankt Petersburg auf. Im Jahr 1886 gewann er eine goldene Medaille für seine zoologischen Studien über Ringelwürmer.


Entstehung seiner politische Orientierung

Nach dem Attentat auf Alexander II. (1881) wurde die Narodowolzen-Bewegung durch staatliche Repressionen zunehmend dezimiert. Die Mehrheit der Studenten wandte sich von der Politik ab. Mit der Zerschlagung ihrer terroristischen Zelle „Narodnaja Wolja“ (Volkswille) galt Sankt Petersburg als bereinigt von revolutionärem Gedankengut.


Während seiner Schulzeit ist der junge Alexander Iljitsch bereits mit den Ideen der Narodniki konfrontiert worden. Einige seiner Lehrer verbreiteten ab 1877 die Lehre der „schwarzen Umteilung“, wofür Alexander allerdings keinerlei Begeisterung empfand.

Jeder geistige und charakterliche Dilettantismus lag ihm fern“, sodass er sich auch in den ersten drei Jahren seines Studiums von jeglichen studentisch, revolutionären Zirkeln fern hielt (Trotzki 1937). Seiner Meinung nach konnte eine Revolution nicht durch Verbrechen beschritten werden. Ende 1885 lehnte er einen Beitritt zu Studienzirkeln weiterhin ab. „Sie schwätzen viel, aber lernen wenig“ (Trotzki 1937).


Nach dem Tod seines Vaters kristallisierten sich bei Alexander Iljitsch im Herbst 1886 erste revolutionäre Gedanken heraus und er wurde in biologische, volkswirtschaftliche und literaturwissenschaftliche Studienzirkel hineingezogen. Als Nachläufer des nihilistischen Abenteuers widmete er sich fortan dem Studium sozialer Fragen. Er übersetzt mit Freude gesellschaftskritische, philosophische Literatur in die russische Sprache; zuletzt Karl Marx‘ „Kritik an der Hegelschen Rechtsphilosophie“.


Alexander Iljitsch ordnete sich selbst zu einem neuen Typs der Narodniki zu. „Ich glaube nicht an den Terror, ich glaube an den systematischen Terror“, sagte Alexander nach seiner Verhaftung (Trotzki 1937).


Vorgeschichte zum geplanten Attentat

Zehn Tage nach dem Tod des [Attentat auf Zar Alexander II. | Zaren Alexander II.] (1881) richtete sich, dass von der Gruppe um Alexander Iljitsch unabhängige Executiv- Comité mit einem Brief an seinen Sohn und Nachfolger Alexander III. Dieser von Angst geschürte Kaiser errichtete eine Geheimpolizei zu seinem eigenen Schutz. Seine Krönung wurde auf den Mai 1883 verschoben.

Zum 25 jährigen Jubiläum der Bauernreform (im Feb. 1886) organisierten die studentischen Zirkel eine Totenmesse auf dem Friedhof von Wolkowo, an der sich Alexander Iljitsch erstmals in der Öffentlichkeit an den Narodniki- Aktionen beteiligt. Dieses Massengebt als Protestform wurde durch den staatlichen Apparat gebilligt, was den Studenten ein Gefühl von Sieg vermittelte, der sie zum Weitermachen ermutigte.

Die studentischen Zirkel solidarisierten sich weiter und das Band zwischen ihnen wurde fester, sodass sie eine Art Dachverband der Landesmannschaften gründeten. Zu seinem Stab gehörte u.a. Alexander Iljitsch.

Hingegen der ersten Euphorie wurden weitere Demonstrationen, ebenfalls Massengebete, als Form des Protestes durch die Polizei zerschlagen, woraufhin die Studenten eine Proklamation „An die Gesellschaft“ (Autor war Alexander Iljitsch) in Briefform verfassten und an die bürgerliche Gesellschaft zu schicken gedachten, was ebenfalls durch die Polizei verhindert wurde.

Nach langem Debattieren über weiteres Vorgehen, geprägt von Zuständen der Machtlosigkeit, Unzufriedenheit und Entschlossenheit Widerstand zu leisten, radikalisierte sich eine kleine Gruppe und plante das Attentat auf den Zaren Alexander III.


Attentat auf den russischen Zaren Alexander III.

Am 01. März 1887 wurde der erste geplante Anschlag auf Zar Alexander III. durch die Polizei vereitelt. Die Rolle des jungen Alexanders war dabei der Bau von Bomben. Gegen „Mittag wurden auf dem Newskiprospekt von Polizeibeamten sechs junge Studenten angehalten. Einer von ihnen hatte ein dickes Buch bei sich, dessen Einband in erhabenen Buchstaben die Worte Medizinisches Wörterbuch trug. In Wirklichkeit handelte es sich um die politische Medizin des Terrors: Das angebliche Wörterbuch enthielt Dynamit und Kugeln mit Strychnin. Zwei weitere Sprengkörper von zylindrischer Form befanden sich in Händen der anderen Terroristen.“ (Trotzki 1937)

Die Folge war eine Welle von Hausdurchsuchungen, Verhaftungen, Verhören und Gerichtsverhandlungen. Im Ergebnis wurden alle sechs Studenten zu Tode verurteilt.

Die Mutter von Alexander Maria Alexandrowna richtetet einen Gnadenbesuch an den Zar, woraufhin ihr ein Besuch ihres Sohnes erlaubt wurde.

Am 20. Mai 1887 wurde Alexander Iljitsch in der Festung Schlüsselburg gehenkt. Die Überführung war für seinen damals 17-jährigen Bruder Waldimir (Lenin) ein Schlüsselerlebnis, in dem er sich schwor, diesem System nicht zum Opfer zu Fallen.


Nach der Revolution ging aus Polizeiakten hervor, dass das Attentat gescheitert sei, weil einer der Studenten einen Brief an einen Freund schrieb, „der eine Art Hymne auf den Terror enthielt“ (Trotzki 1937). Der Verfasser wurde im Zuge dessen ab dem Vorabend des Attentates unter Beobachtung gestellt, so dass Organisation und Planung für die Polizei offensichtlich wurde. „Die Qualität der Bomben blieb bis zuletzt ungeklärt“ (Trotzki 1937). Einer der verhafteten Studenten zündete einen Sprengkörper, um sich zusammen mit den Polizisten zu liquidieren, jedoch erfolglos, ohne Explosion.


Literatur

  • Enzensberger, Hans Magnus (1964) Die Träumer des Absoluten. in: Politik und Verbrechen


Weblinks