Abweichendes Verhalten

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Eine allgemein anerkannte Definition abweichenden Verhaltens gibt es in den Sozialwissenschaften nicht. Den größten gemeinsamen Nenner bildet die klassische Definition von Albert K. Cohen, nach der sich abweichendes Verhalten immer auf die Existenz einer Regel bezieht und stets mit dem Auftreten einer Handlung verknüpft ist.[1] Bis in die 1960er Jahre war die Definition rigider, als abweichend oder deviant wurde ein Handeln bezeichnet, das gegen gesellschaftliche Normen verstößt und von Sanktionen bedroht ist.[2] Kritische Devianzsoziologen nahmen die Setzung von Regeln und ihre Anwendung in den Blick und folgerten daraus, „daß gesellschaftliche Gruppen abweichendes Verhalten dadurch schaffen, daß sie Regeln aufstellen, deren Verletzung abweichendes Verhalten konstituiert.“[3] Howard S. Becker verknappte diese Einschätzung zum berühmten Zuschreibungs-Satz: „Der Mensch mit abweichendem Verhalten ist ein Mensch auf den diese Bezeichnung erfolgreich angewandt worden ist; abweichendes Verhalten ist Verhalten, das Menschen so bezeichnen.“[4] Aus derartiger Zuschreibung und Stigmatisierung kann sich, Edwin M. Lemert zufolge, sekundäre Devianz entwickeln, die Übernahme eines abweichenden Selbstbildes.[5]

Literatur

  1. Lothar Böhnisch nennt das eine „gleichsam salomonische Formel“, siehe ders.: Abweichendes Verhalten. Eine pädagogisch-soziologische Einführung, Weinheim/München 1999, S. 19.
  2. Helge Peters: Devianz und soziale Kontrolle. Eine Einführung in die Soziologie abweichenden Verhaltens, 3. Auflage, Weinheim/München 2009, S. 17.
  3. Howard S. Becker: Außenseiter. Zur Soziologie abweichenden Verhaltens, Frankfurt am Main 1973, S. 8.
  4. Howard S. Becker: Außenseiter. Zur Soziologie abweichenden Verhaltens, Frankfurt am Main 1973, S. 8.
  5. Edwin M. Lemert: Der Begriff der sekundären Devianz. in: Klaus Lüderssen und Fritz Sack (Hg.), Seminar: Abweichendes Verhalten I. Die selektiven Normen der Gesellschaft. Frankfurt am Main 1974, S. 433 - 475.

Weblinks