Überwachung

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Definition

Überwachung (engl. surveillance; franz. surveillance) ist eine zielgerichtete Beobachtung von einiger Dauer zu Zwecken der präventiven und reaktiven Kontrolle. Unerwünschte Ereignisse oder Entwicklungen sollen aufgrund der durch Überwachung gewonnenen Informationen vermieden werden. Lässt sich das Eintreten der Ereignisse nicht verhindern, so sollen die durch die Überwachung gewonnenen Informationen dazu dienen, Schäden möglichst gering zu halten.


Bei der Überwachung geht es immer darum zu kontrollieren, beaufsichtigen oder überprüfen, ob bzw. wann bei einem Ablauf oder Zustand ein Ereignis von Interesse eintritt. Folgende Motivationen für eine Überwachung lassen sich unterscheiden:

  1. Die Überwachung des Zustandes/Ablaufes betrifft den Eintritt einer vorher festgelegten Abweichung. Wird eine Abweichung festgestellt, so soll der ursprüngliche Zustand durch entsprechende Maßnahmen, die der Überwachung folgen können, wiederhergestellt werden (Beispiele: Überwachung eines Produktionsablaufes hinsichtlich Störungen und Ausfällen, Überwachung der Bevölkerung hinsichtlich Gesetzesverstöße, Überwachung von Gefangenen).
  2. Die Überwachung des Zustandes/Ablaufes betrifft den Eintritt eines oder mehrerer Ereignisse, welche registriert werden sollen. Diese Art der Überwachung dient der Informations- und Datenerhebung. Welches Ereignis tritt ein, wann, wo oder unter welchen Umständen? (Beispiele Militärische Aufklärung, exploratives Experiment, Ermittlungstätigkeit der Geheimdienste)

Die Überwachung menschlicher Handlungen kann einseitig oder wechselseitig verlaufen (bspw. Maßnahmen der Gegenüberwachung in einigen Bereichen organisierter Kriminalität).

Akteure der Überwachung sind häufig Behörden (Polizei, Justiz, Nachrichtendienste, Geheimdienste, Gesundheitsbehörden). Daneben sind in der Überwachung aber auch Private tätig (Privatdetektive, private Sicherheitsdienste). Im Wirtschaftsleben werden Produktionsabläufe entlang der Wertschöpfungskette von spezialisierten Behörden, aber auch in zunehmendem Maße von den Unternehmen selbst überwacht (z.B. "Lebensmittelüberwachung" durch Behörden einerseits, durch unternehmensseitige "Hazard Analysis Critical Control Points" - HACCP). Im Gesundheitswesen wird die Verbreitung von gefährlichen Krankheiten durch global vernetzte Systeme von Datenerhebungen, Warnungen und Maßnahmen überwacht (z.B. durch das Center for Disease Control and Prevention in Atlanta, Georgia, USA).

Überwachung ist unterschiedlich umfassend und intensiv; sie greift unterschiedlich stark in Freiheitsrechte ein und ist politisch in unterschiedlichem Maße umstritten. Die umfassendste Überwachung gibt es gleichsam per definitionem in sogenannten totalitären Staaten. Auch Diktaturen bemühen sich generell um eine möglichst umfassende Überwachung - insbesondere was das Verhalten der BürgerInnen in der Öffentlichkeit ("Demonstrationen") und was ihre Äußerungen von Regimekritik angeht ("Internetzensur"; Unterdrückung der Meinungs- und Informationsfreiheit). Die Überwachung führt allerdings auch zu unterschiedlichen, teils auch von den Überwachern ungewollten oder von den Überwachten nicht erwünschten Folgen.


Geschichte der Überwachung

Theorie und Empirie der Überwachung (Foucault; Surveillance Studies)

Techniken der Überwachung

Überwachung des Mobilfunks

Der größte Teil der Kommunikation via Mobiltelefon wird über das GSM-Netz (Global System for Mobile Communications) abgewickelt (ca. 78% aller Mobilfunkkunden weltweit nutzen GSM). In Deutschland gibt es vier Mobilfunk-Anbieter, die entsprechende GSM-Lizenzen erworben haben (T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2). Diese Anbieter betreiben zur Kontrolle und Überwachung ihres Netzes Operation and Maintenance Center (OMC), bzw. diesen übergeordnet Network Management Center (NMC). Die Überwachung dient der Wartung und störungsfreien Aufrechterhaltung des Kommunikationsverkehrs sowie der Datenerhebung für Gebührenerfassung und Netzplanung. Die entsprechenden Daten werden bis zu 180 Tage lang gespeichert. Die Polizei darf bei der Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (Katalogstraftaten nach § 100a StPO) die von den OMCs erhobenen Daten auswerten (nach §§ 100g bis 100i StPO). Das gleiche gilt für die Geheimdienste zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben. Die Mobilfunkbetreiber sind verpflichtet die angefragten Daten gegen Entgelt herauszugeben (§ 113 Abs. 1-2 Telekommunikationsgesetz). Nach der EU Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung [1], die durch einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 18. April 2007 [2] nun in nationales Recht umgewandelt werden soll, müssen die Mobilfunkbetreiber folgende Daten sechs Monate lang speichern :

  • Rufnummer, Name, Adresse, internationale Mobilteilnehmerkennung (IMSI), internationale Mobilfunkgerätekennung (IMEI) des anrufenden und angerufenen Teilnehmers.
  • Beginn und Ende der Verbindung (Datum, Uhrzeit)
  • Anbieter des Dienstes
  • Kennung der Funkzellen von anrufenden und angerufenen Teilnehmern.


Funkzellenauswertung

Eine Möglichkeit der Mobilfunkdatenauswertung für die Polizei ist die Funkzellenauswertung. Eine Funkzelle ist das Gebiet, das durch einen Sendemast (Basisstation) des entsprechenden Mobilfunknetzes abgedeckt ist. Auf Anfrage der Staatsanwaltschaft geben die Mobilfunkbetreiber alle gesammelten Verbindungsdaten der entsprechenden Funkzellen zu entsprechenden Zeiten an die Strafverfolgungsbehörden weiter. Selbst bei geografischer und zeitlicher Einschränkung für die Datenabfrage kommen bei stark frequentierten Funkzellen schnell 100.000 bis 300.000 Datensätze zusammen. In Ausnahmefällen wurden durch die Polizei auch schon Datenpakete mit 15 Millionen Datensätze analysiert (ein Datensatz entspricht einem Telefonat oder SMS). Die Analyse und Strukturierung der Daten erfolgt mittels Computersoftware (bspw. Infozoom), die es den Ermittlern erlaubt, Verbindungsdaten nach bestimmten Kriterien herauszufiltern. Besonders geeignet ist die Funkzellenauswertung bei Seriendelikten mit mehreren Beteiligten zu denen Tatort und Tatzeit bekannt sind. Eine entsprechende Suchanfrage mit dem Programm kann so bspw. alle Telefonverbindungen anzeigen, die an mehreren Tatorten zur jeweiligen Zeit bestanden. Aber auch bei anderen Tatkonstellationen kann die Funkzellenauswertung hilfreich sein. Die Ergebnisse der Funkzellenauswertung werden dabei stets mit den anderen Erkenntnissen der Ermittlung kombiniert, so dass belastungsfähige Hypothesen in einem Kriminalfall formuliert werden können.

Funkzellenortung

Mit Hilfe der Funkzellenortung (auch GSM-Ortung) kann derjenige Sendemast bestimmt werden, an dem ein Mobiltelefon zum Ortungszeitpunkt eingebucht ist. Durch zusätzliche Maßnahmen kann der Standort innerhalb einer Funkzelle noch präzisiert werden (z.B. durch die Bestimmung der Hauptstrahlungsrichtung des Senders). Zur Ortung wird eine Verbindung zum Mobiltelefon aufgebaut, etwa durch das Versenden einer SMS. Mittels eines stealth ping kann diese Verbindung auch vom Nutzer unbemerkt aufgebaut werden. Die Ortung wird vom jeweiligen Mobilfunkanbieter durchgeführt. Dieser Dienst steht jedem Kunden für sein eigenes Mobiltelefon zur Verfügung. Bei Notrufen, Gefahr im Verzug oder auf richterliche Anordnung hin müssen die Mobilfunkanbieter eine Ortung auch ohne Einwilligung des Inhabers durchführen und die Daten weitergeben.

Abfrage Nutzerdaten

In den USA werden aufgrund steigender Technologiestandards seit neuem auch Providerinformationen abgefragt. Nach einer Anfrage des US-Abgeordneten Edward J. Markey, ist eine steigende Tendenz (NY Times; Stand 2012) zu verzeichnen, wobei neben Verbindungsdaten auch die inzwischen Serienmäßig eingebauten Daten des Global Positioning Systems (GPS) erfasst und verwertet werden. Demnach gab es im Jahr 2011 1,3 Millionen Abfragen, wobei AT&T berichtet, dass von durchschnittlich 700 Anfragen pro Tag 230 als "Notfälle" deklariert und somit nicht richterlich angeordnet waren. Unabhängig von Einzelnutzern (und ebenfalls als Einzelabfrage gezählt) können zusätzlich sämtliche Mobilfunkanschlüsse innerhalb eines Radius zu einer bestimmten Zeit abgerufen werden ("Dump"). Der Chaos Computer Club (CCC) spricht über Mobiltelefone generell und s.g. Smartphones im speziellen von "Ortungswanzen".

Videoüberwachung/ CCTV

siehe Videoüberwachung

Elektronische Fußfesseln

Biometrische Pässe

RFID

Panoptismus

siehe Panoptismus

Orte der Überwachung

der öffentliche Raum

Totale Institutionen (Erving Goffman)

Unternehmensüberwachung

Von Arbeitnehmern

Durch Versicherungen

Online-Dienste

Überwachung im Internet

Bundestrojaner/ Onlinedurchsuchungen

Vorratsdatenspeicherung

Systeme der Überwachung

Echelon


Rechtliche Grenzen der Überwachung (Datenschutz)

Informationelle Selbstbestimmung

Grenzkonflikte und Grenzverletzungen

Großer Lauschangriff

Rasterfahndung


Ziele, Wirksamkeit, Nebenfolgen der Überwachung

Beispiel Ladendiebstahl

Beispiel Videokameras im öffentlichen Raum

Beispiel Terrorismus-Bekämpfung


Weblinks

  • Surveillance Studies: Forschungsnetzwerk zu Überwachung, Technologie und Kontrolle [1]
  • Edward J. Markey (2012): Letters to mobile carriers reagrding use of cell phone tracking by law enforcement [2] Congressman Ed Markey